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Compliance Talk zur Anwendung des Tools in der Praxis

Heute sprechen wir über den konkreten Einsatz von Compliance-Tools in der Praxis. Bei mir zu Gast ist Ariano Nijsen, von Nijsen & Partner AG und Mitglied des Partnernetzwerks PROCEDE.
von Patrizia Graf
22. Mai 2025
von Patrik Affentranger
22. Mai 2025

In unserer letzten Folge des Compliance Talks haben wir mit einem Auditor über die Praxis der Nachweispflicht gesprochen. Wir haben angeschaut, wie die Gesetzeskonformität im Umweltrecht und in der Arbeitssicherheit auditiert und wahrgenommen wird. Dabei wurde deutlich, wie zentral digitale Tools bei der Umsetzung dieser Anforderungen sein können.

Heute vertiefen wir das Thema und sprechen über den konkreten Einsatz solcher Tools in der Praxis. Bei mir zu Gast ist Ariano Nijsen, von Nijsen & Partner AG und Mitglied des Partnernetzwerks PROCEDE. Er ist Berater für die Einführung und Anwendung der Software in Unternehmen. Wir sprechen über die Unterschiede bei den Nachweismethoden, über die Herausforderungen im Umgang mit gesetzlichen Anforderungen und wie sich der Einsatz digitaler Tools auf die Compliance-Kultur in Unternehmen auswirkt.

Ariano, herzlich willkommen und danke, dass du dir Zeit genommen hast für dieses Gespräch.

Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, über ein Thema zu sprechen, das in vielen Unternehmen aktuell hoch auf der Agenda steht und meine Einblicke aus der Praxis zu teilen.

Wie ist deine generelle Wahrnehmung: Welchen Stellenwert hat Gesetzeskonformität heute in Unternehmen?

Der Stellenwert hat deutlich zugenommen – nicht nur wegen der ISO-Normen, sondern auch durch die ESG-Regulatorien. Unternehmen sind zunehmend sensibilisiert, dass sie nicht nur intern, sondern auch entlang ihrer Lieferketten gesetzeskonform handeln müssen. Die Nachfrage nach digitalen Orientierungshilfen ist entsprechend stark gestiegen.

Du bist seit Jahren als Berater und Auditor in der EHS- und Compliance-Welt unterwegs. Was sind deiner Meinung nach die grössten Bedürfnisse der Unternehmen im Bereich EHS-Management?

Viele Unternehmen haben ein funktionierendes System im Kopf,  aber nicht auf Papier. Es fehlt an Struktur, an Nachvollziehbarkeit und oft an einer aktuellen Gesetzesbasis. Genau das fordern ISO 14001 oder 45001 aber. Viele Qualitäts- oder Umweltbeauftragte arbeiten mit Excel-Listen, die irgendwo auf dem Server verstauben. Softwarebasierte Tools bringen das alles in ein zentrales, pflegbares System.

Du betreust viele Mandate – wie gehst du mit den verschiedenen Nachweismöglichkeiten um?

Das hängt stark von der Ausgangslage ab. Einige Kunden arbeiten mit klassischen Excel-Listen, andere verlassen sich auf Newsletter. Aber wenn es um systematische Konformität und Audit-Sicherheit geht, stoßen diese Methoden schnell an ihre Grenzen. Wir empfehlen dann eine strukturierte Gap-Analyse mit einem Tool wie COMPLYANT. Und man darf nicht vergessen: Auch die ISO-Normen fordern heute nicht nur eine Liste, sondern eine dokumentierte, nachweisbare Systematik der Gesetzesprüfung.

Was sind typische Aha-Effekte, die du bei der Einführung von Nachweistools erlebst?

Ich habe früher oft Gesetzeslisten durchforstet und mich dabei gefragt, was heisst das nun für mich? Seit ich das Tool COMPLYANT einsetze, werde ich thematisch ganz gezielt an die verschiedenen Fragenstellungen herangeführt. Es gibt elf verschiedene Fragekataloge, wo man thematisch die passenden Vorschriften aufgezeigt bekommt. Man wird durch den Fragebogen geführt und muss sich immer die Frage stellen, erfülle ich diese Anforderung oder nicht. Während dieses Vorgangs rückt der eigentliche Gesetzesartikel in den Hintergrund und ich kann mich um die praktische Umsetzung kümmern. Das sehe ich als den grossen Nutzen dieses Tools. Denn als Ingenieur bin ich nicht geübt darin, Gesetzesartikel zu interpretieren und anzuwenden. Das übernimmt das Tool für mich.

Viele Firmen realisieren erst beim ersten Self-Assessment, wie viele Anforderungen sie tatsächlich betreffen – und wo Lücken bestehen. Ein Beispiel: Die Sorgfaltspflichten im ESG-Kontext, etwa zu Lieferketten oder CO₂-Bilanzen, werden oft unterschätzt. Der grösste Aha-Moment ist meist, dass die Firmen zum ersten Mal systematisch sehen, was sie betrifft – das geht mit Newslettern nicht. Die Betroffenheitsanalyse ist das Herzstück.

Wie wichtig ist die Betroffenheitsanalyse?

Sie ist entscheidend. Ohne sie entsteht schnell ein falsches Bild. Denn eine Gesetzesliste ist rasch erstellt. Damit hat man aber noch nicht analysiert, ob man die entsprechenden Vorschriften auch einhält oder ob Handlungsbedarf besteht. Nur durch gezielte Fragen kann man aus 3000 Objekteinträgen die relevanten Punkte filtern. Und erst dann macht ein Compliance-Report wirklich Sinn.

Es wird oft mit Newslettern, z.B. vom Bundesamt für Umwelt, gearbeitet. Wo sind da die Grenzen?

Newsletter sind ein guter Impuls, aber sie sind nicht rechtsverbindlich und nicht systematisch. Sie landen oft bei Einzelpersonen und werden selten in die Organisation getragen. Bei Änderungen fehlt die Nachvollziehbarkeit – das kann im Audit ein Problem sein. Ein Newsletter ist eine gute Ergänzung, aber ersetzt den Compliance-Nachweis nicht.

Wie kommen Nachweistools in Unternehmen an?

Überraschend gut. Viele schätzen die Transparenz und die klaren Handlungsempfehlungen. Die GL sieht den Vorteil vor allem in der strukturierten Berichterstattung. Und Auditoren schätzen es, wenn sie eine konsolidierte Übersicht erhalten. Mitarbeitende sind oft erleichtert – sie haben ein Werkzeug, das ihnen Arbeit abnimmt, statt neue Hürden aufzubauen.

Und wie erleben eure Kundinnen und Kunden die Reaktion der Zertifizierungsstellen, wenn ein professionelles Tool wie COMPLYANT im Einsatz ist?

Die Resonanz ist durchwegs positiv. Auch Auditorinnen und Auditoren schätzen die Übersichtlichkeit und die klare Dokumentation. Sie können direkt sehen, wann welche Vorschrift geprüft, geändert oder umgesetzt wurde. Das schafft Vertrauen – auch bei kritischen Rückfragen.

Und was passiert, wenn man mit dem neuen ESG Legal Compass-Modul die gewohnte Komfortzone verlässt? Was sind da eure Erfahrungen?

Das Thema ESG ist in aller Munde und für viele noch Neuland. Mit dem ESG Legal Compass verlassen wir den reinen EHS-Kontext und betreten neue regulatorische Felder. Zum Beispiel die EU-Verordnung zur Entwaldung – Deforestation Regulation – betrifft auch Schweizer Firmen, die Rohstoffe importieren. Wir hatten kürzlich ein Mandat mit einem Hersteller von Klebebändern, der gar nicht wusste, dass gewisse ESG-Vorgaben der EU auf ihn zukommen, weil er Komponenten aus dem Ausland bezieht. Erst durch die Betroffenheitsanalyse wurde klar, wo Handlungsbedarf besteht. Das war auch ein «Aha-Moment», wie wir sie vorher schon angesprochen haben.

Was würdest du Firmen empfehlen, die noch ohne Tool arbeiten?

Startet mit einer Testphase. Schon ein erstes Assessment zeigt den Nutzen. Und wenn man einmal damit arbeitet, merkt man, wie viel einfacher alles wird. Compliance darf kein Angstthema sein. Ein gutes Tool gibt Sicherheit – und schafft Freiraum für echte Nachhaltigkeit.

Vielen Dank Ariano für das spannende Gespräch und die Einblicke in deine Praxis.

Über den Autor

Patrik Affentranger

Geschäftsführer IPSO ECO


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